BoddenRacer

Linke oder rechte Seite? Egal, es ist nur ein Spiel…..

Muschel mal wieder mit einer tollen Saisonzusammenfassung seiner Zwei-Boot-Kampagne:

Prolog: 30 Sekunden vor dem Start Kiel Maior 2018:
Wir stehen etwas unterhalb der Linie am Pin-End und haben nach Lee genügend Raum zum Anfahren. In Luv positioniert sich ein Gegner und hat durch uns dieses Leeloch nicht. 15 Sekunden vor dem Start fahre ich an, zu spät für den Gegner in Luv. Sie brüllen und beschimpfen mich derart, so dass wir uns vornehmen, die Sache an Land mal ernsthaft auszudiskutieren. Am Steg marschiert mein 1,98m großer Trimmer in Richtung des Bootes und kommt dann aber unverrichteter Dinge zurück, da er feststellen musste, dass auch an deren Heck “GYC” steht. Wir belassen es also dabei, die Jungs sind mit ihrem Frühstart genügend bestraft.

Die Regattasaison begann für Silverfox mit mäßigen Ergebnissen am Gardasee und in der Schweiz. Nicht viel anders erging es uns mit der neuen ex&hopp GER 5217, einer X362 Sport, wobei die Serie (7./6./2.) im Rahmen der Nordseewoche schon eine ansteigende Lernkurve verzeichnete. Auf Helgoland gab es traumhafte Bedingungen und eigentlich haben wir nur durch meine katastrophalen Fehleinschätzungen der Tiedenströmung bessere Platzierungen verschenkt. Da ich bisher fast ausschließlich Einheitsklassen gesegelt bin und vom ORC-Verrechnungschaos keine Ahnung habe (und eigentlich auch nie haben wollte, jedoch werden wir ja wohl alle älter und gemütlicher), holten wir uns wertvollen Rat bei den Spezialisten von Quantum Sails in Flensburg. Vielen, vielen Dank an Sven Krause und sein Team, der nun folgende Leistungssprung basiert zum großen Teil auf dieser, für uns äußerst angenehmen, Zusammenarbeit.

Mit viel Elan und Freude erkämpfte meine Mannschaft Magnus und Jörg im karibischen Umfeld von Travemünde einen guten 7.Platz bei den German Open in der 5.5IC Class, der Generalprobe für die WM in Cowes. Das Wetter war wieder der Oberhammer und deckte das gesamte Spektrum an Wind, von 5-25 Knoten, ab. Die Sonne brannte wie auf Kuba und Caipirinha gab es auch.

Wenn man bisher selten in England gewesen ist, unter Zeitdruck steht (die gebuchten Fähren warten komischer Weise nicht auf einen) und in Dover die Straßen mit einen 12 Meter langen Gespann befahren möchte, ja es muss heißen möchte und nicht muss, alles passiert freiwillig, begibt man sich aufgrund der Tatsache, dass einem die Autos als Geisterfahrer entgegenkommen, in akute Lebensgefahr.

Jörg und ich haben keine Ahnung von irgendwelchen Geschwindigkeitsbegrenzungen noch verstehen wir die Verkehrszeichen zu 100%. Auch ein Anruf bei einem, lange in Southampton wohnhaft gewesenem, Freund aus Greifswald, welcher die erlaubten Trailer km/h ungefähr wusste, konnte nicht verhindern, dass 120 km/h auf dem Tacho standen. Wie gesagt, die nächste Fähre musste erreicht werden und als Ausrede bei einer eventuellen Polizeikontrolle sollte die Verwechslung von Kilometern und Meilen herhalten. Wahrscheinlich wären wir in Gewahrsam genommen worden und die nächsten 3 Jahre mit dem Fahrrad (aber dann wenigstens wieder rechts) gefahren.

Ich krieche in Silverfox umher und versuche die Karre zusammen zuschrauben, als der Weihnachtsmann, mindestens 1,99m groß, weißer Rauschebart und tiefe Stimme, an die Außenhaut klopft. Da meine Sprachkenntnisse beschränkt sind und wir uns in der Marina Cowes befinden, man spricht eher wenig deutsch, verweise ich auf unser Sprachentalent Jörg mit der Bitte an Ihn, meine Geschenke doch gleich mit zu bestellen. Es stellt sich nun heraus, dass es sich bei dem äußerst netten Herren um einen der Konstrukteure des Bootes handelt. (Silverfox wurde als eines der wenigen 5.5er nicht in der Schweiz, sondern in England gebaut). Von wegen Väterchen Frost, seine Message an uns, das Boot sei leider eine ziemliche Fehlkonstruktion passt wohl eher zu Totensonntag. Aber wenigstens richtet er unseren verbogenen Wing und wünscht alles Gute für die kommende Woche.

Der Royal Yacht Squadron hat eine lange Tradition und einige Gründungsmitglieder sind wohl immer noch in der Wettfahrtleitung tätig. Gesetzte Herren in Clubsakko incl. Krawatte, mit weißen Hosen und Kapitänsmützen, ausgezeichnet durch eine überragende Kompetenz, führten neun absolut perfekte Wettfahrten durch, egal ob irreguläre Winddreher oder super starke Strömung oder vorbeifahrende Containerschiffe versuchten die Veranstaltung zu stören. Die Damen und Herren auf dem Startschiff „Stormtrader“ hatten alles im Griff. So eine Perfektion habe ich noch nie erlebt.

„The entrance to the yacht club is not allowed without a tie. Please use the backdoor”. Waaas? Wir glauben uns verhört zu haben aber es stimmt, ohne Schlips bleibt nur der Dienstboteneingang. Natürlich haben wir solch ein Gerät nicht mit und bleiben daher draußen. Auch das ist englische Tradition. Die Eröffnung findet jedoch im Garten statt, so dass wir teilnehmen können.

Beim Segeln stürzen Jörg, Dominik und ich uns mit allem was wir haben in den Kampf gegen die Millionäre mit ihren schnellen Schiffen. Als der Wind zeitweise auf 32 Knoten auffrischt geht unser Boot, bedingt durch die Welle im Solent und den reißenden Strom, auf Tauchstation, läuft voll, bleibt aber schwimmfähig und trägt uns ins Ziel. Wir werden insgesamt 12. und fahren 4 mal in die Top ten. Nach der letzten Wettfahrt bekommt jedes Boot beim Vorbeisegeln am Yachtclub einen originalen Kanonenschuss geschenkt. Alle sind glücklich, nur die Abschlussveranstaltung wird mangels Krawatte verpasst. Ansonsten kann ich nur jedem eine Regattateilnahme in Cowes empfehlen, es war wirklich super schön.

Die Zeiger der Uhren bleiben ja leider nicht stehen und so stand, kaum hatte ich unsere Englandreise verarbeitet, die IDM ORC in Flensburg an. Die Meldezahlen in der Klasse ORC1+2 waren ja wohl ein Witz und so kam es, dass zwei X41 fast konkurrenzlos über den Kurs schipperten, verfolgt von einer angsteinflößenden TP52, welche einem vor dem Start Schweißperlen auf die Stirn produzierte. (X41 und Greifswald, da war doch was). Anders in der Klasse 3+4, hier kam mit 18 Booten ein anständiges , leistungsstarkes Feld zusammen.

Der Greifswalder Yachtclub wurde durch zwei Schiffe vertreten und war damit der aktivste Verein aus Mecklenburg Vorpommern. Wir aktivierten zu diesem Saisonhöhepunkt fast unsere gesamte X99-Chaotentruppe und gaben, da noch ziemlich untrainiert, einen Platz unter den ersten zehn als Ziel aus. Den Auftakt der Serie bildete eine Langstrecke, welche wir mangels Erfahrung mit Handynavigation und wie eine Up and Down Wettfahrt angingen. Nun heißt ORC, dass du im Ziel bist und einige Boote vor dir, nur noch schemenhaft am Horizont auszumachen sind oder schon im Hafen liegen und die Mannschaften belächeln dich nach ihrem fünften Bier (die Anzahl der Biere ist geschätzt). Eigentlich meinten wir ganz ordentlich gesegelt zu sein, konnten die Platzierung überhaupt nicht einordnen und gingen schlafen. Mitten in der Nacht dann eine WhatsApp unseres Magnus aus Lübeck (warum schläft der nachts eigentlich nicht?) deren Inhalt sich auf ein Woooooh, echt geil, beschränkt. Also öffnen wir unsere müden Augen und trauen diesen nicht. Statt ganz unten auf der Liste, steht ex&hopp tatsächlich auf dem zweiten Platz, was für eine Überraschung. Bei solchen Ergebnissen finden wir ORC auf einmal gar nicht mehr so verkehrt. Natürlich konnte es so nicht weitergehen, aber wir haben in diesen vier Tagen viel gelacht, getrunken und viele Manöver vergeigt. Diese gemeinsame Zeit mit Freunden haben alle sehr genossen, es gab nie böse Worte an Bord und trotz körperlicher Wehwehchen kam mit der Serie 2/10/4/12/6/Fock geschrottet/3 schlussendlich ein sensationeller sechster Gesamtplatz heraus. Die Bedingungen erstreckten sich von 5 bis 32 Knoten Wind und von strahlendem Sonnenschein bis zum Dauerregen. Für jeden war etwas dabei, so dass die Besten gewonnen haben. Übrigens gab es an jedem Abend eine spektakuläre Party incl. vieler tanzender Mädels. Bei solchen Voraussetzungen sollte wir vielleicht einmal darüber nachdenken, ob man nicht Kräfte bündeln und ein bis zwei Greifswalder Boote mehr an den Start bringen könnte. Man munkelt, Euro2019 ist in Schweden und IDM in Travemünde. Wir jedenfalls würden uns über diesbezügliche Kontakte freuen und wären auch zu eventuell benötigter Unterstützung bereit.

Michael Schulz

   

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