BoddenRacer

Fastnet Race Preview – von Stromtoren und Verkehrstrennungsgebieten

Heute startet der 600sm Offshore Klassiker Fastnet Race. Den Start vor Cowes kann man live auf der Regattawebseite verfolgen. Besonderes Augenmerk aus Greifswalder Sicht liegt natürlich wieder auf der Imagine bei ihrer zweiten Teilnahme. Aber auch auf dem Berliner Walross IV sind drei Greifswalder (Ex)Studenten an Bord.
Tom Bernstein ist vor genau 20 Jahren das erste Mal um den Fastnet Rock gesegelt (siehe Foto unten). Aber vor allem bei vielen Mittel- und Langstreckenregatten im und über den Englischen Kanal hat er später wertvolle Erfahrung als Navigator gesammelt. Dieses Jahr guckt er mit Cocktail in der einen und Tracker-App in anderen Hand im Landurlaub an der Côte Azur zu. Für BoddenRacer gibt er aber einen interessanten Einblick in die taktischen und navigatorischen Herausforderungen, die die Crew in den nächsten Tagen erwartet:

Tom Bernstein und Mathias Philipp bei ihrer ersten Umrundung des Fastnet Rock beim Training für die 420er Jugend-EM vor irischen Südküste 1997.

Für das diesjährige Fastnet Rennen fällt der erste Startschuss mit den Kanonen der Royal Yacht Squadron am Sonntag 6. August um 12.00 Uhr unserer Zeit (11.00 Uhr vor Ort). Der erste Start gehört den Multihulls, gefolgt von den Imoca 60 und Class 40 Zehn Minuten später. Es geht dann weiter im 10 Minuten-Takt mit den kleinsten Monohulls unter IRC Berechnung mit IRC 4, gefolgt von IRC 3, 2, 1 und “last but not least” den Großen und Schnellsten unter IRC 0 und Volvo 65.

Ca. 10sm nach dem Start geht es aus dem Solent vorbei am Hurst Castle und den Needles. (Photo: Kurt Arrigo)

Die Greifswalder Segler auf Imagine und Walross IV treten gegeneinander in IRC 1 an. Die Teams müssen sich wohl auf langes Kreuzen aus dem Solent, entlang der englichen Südküste und mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar den ganzen Weg bis zum “Rock” einstellen. Leider wird laut Bericht der Wind ab Lands End für die meisten IRC Klassen auf NW drehen, so dass es auch eine Kreuz hin über die Irische See sein wird. Als Entschädigung wird der Weg zurück vom Fastnet Rock Richtung Scilly Islands aber laut Vorhersage ein sehr schöner Ritt bei 18-28kn Wind.

Das Rennen kann man vor allen Dingen auf dem Hinweg bis Lands End in mehrere Abschnitte einteilen. Das ist den einzelnen Stromtoren zwischen Solent und Lands End geschuldet.

Die Hindernisse beim Fastnet Race.

Das erste Stromtor und oftmals bereits sehr wichtig für eine gute Ausgangsposition später im Rennen liegt bereits ca. 20sm hinter dem Ausgang vom Solent (ca. 30sm nach dem Start) bei “St Alban’s Ledge”. Bei der Kreuz Richtung Westen müssen sich die Teams im Prinzip schon anhand der Windvorhersage und den eigenen Polars vor dem Start oder spätestens kurz hinter den Needles (Ausgang Solent) entscheiden wie weit Sie dem Gegenstrom unter Land bzw. Richtung Kanal ausweichen wollen oder müssen. Wenn es optimal läuft, sollten Imagine und Walross dort ankommen, bevor Sie der volle Gegenstrom trifft. Einige Lokalmatadoren werden sicherlich versuchen sich dort in einem 1sm Streifen direkt unter der Küste durchzuhangeln. Das Risiko kann mit dieser Variante sehr hoch sein, gerade wenn der Wind direkt unter Land zur Lotterie wird.

Das zweite Strom-Tor ist “Portland Bill”, ca. 18sm hinter “St Alban’s Ledge” und ca. 50sm nach dem Start. Hier wird der Gegenstrom bereits fließen. Wenn es vielleicht doch noch knapp wird, gilt die alte Devise, der Strom kippt innen, im flachen Wasser, zuerst. Bei vollem Strom haben wir hier bei 3sm Abstand zur Ecke 3-5kn Gegenstrom, bei 5sm Abstand nur noch 1.5kn, bei 8sm 1kn oder geringer.

Das nächste wenn auch etwas kleinere Stromtor ist “Start Point”, gefolgt von “Lizzard” und “Land’s End” selbst. Hier müssen sich die Boote bzw. Navigatoren anhand des bisherigen Rennverlaufs und der eigenen Position für die Variante “Inshore” oder “Offshore” entscheiden.

Eine weitere Entscheidung muss an Bord noch vor Land’s End fallen: … Wie sollen die verschiedenen Verkehrtrennungsgebiete zwischen Land’s End und Scilly Islands möglichst optimal umsegelt werden auf dem Weg in die irische See? Sehr oft liegt der Schlüssel zu einem guten Gesamtergebnis bereits bei den ersten Stromtoren.

Weiterhin wird sicher der Effekt “Wind gegen Strom” gerade auf der langen Kreuz an einigen Stellen eine entsprechend unangenehme Welle produzieren. Bis Land’s End wird es deshalb sicher schwierig werden das Boot auf Dauer optimal zu segeln und im Wachrythmus guten Schlaf bzw. Erholung für den Rest des Rennens zu bekommen.

Ein anspruchsvolles Rennen und sportliche Herausforderung! An alle Greifswalder bei diesem Rennen; “Haut rein, segelt sicher und lasst Euch die Burger in Plymouth schmecken!!!”

– Tom Bernstein

   

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