Wann beginnt eine Regatta? Beim Vorbereitungssignal, beim Auslaufen am Morgen oder beim Wettercheck am Vorabend? Für die Boddensprotten begann der diesjährige Heidi-Cup Wochen im Voraus mit der Crewplanung. Eine Nachricht in unsere Gruppe: „Wer kommt dieses Jahr mit in die Schweiz?“ führte zu sechs Meldungen innerhalb weniger Minuten. Was nun? Die Regatta im Ligaformat ist für vier bis maximal fünf Teilnehmerinnen ausgeschrieben. Also wurde kurzerhand beschlossen, ein zweites Team an den Start zu bringen, für das nun wiederum noch zwei weitere Mitseglerinnen gefunden werden mussten. Einige Telefonate später waren zwei neue Crewmitglieder rekrutiert und wurden Anfang September bei einem Training auf der Melges24 eingetrimmt.

Die nächste Herausforderung: wie nennen wir das zweite Team? Sundflundern?? Nee, Boddensprotten musste sein und nach einigem Hin und Her entschieden wir uns für Boddensprotten, gepfeffert und Boddensprotten, gesalzen.
Alles organisiert und im Plan, dachten wir – bis zwei Tage vor Abreise. Eine Nachricht eines Crewmitglieds: „Hey Leute, ich sitze beim Orthopäden, kann dieses Wochenende nicht segeln.“ Es folgten spannende Stunden, in denen die Handys auf der Suche nach Ersatz glühten. Anrufe und Nachrichten flogen zwischen Vorpommern und Hamburg, Berlin, Süddeutschland, Monaco und Italien hin und her. Die Kombination aus „kann segeln“, „hat spontan Zeit“ und „hat Geld“ (Schweiz ist leider nicht günstig) ist gar nicht mal so einfach zu finden, aber es war toll zu sehen, wie viele Frauen uns unterstützten und gemeinsam suchten. Nachdem wir alle unsere Kontaktlisten durchgearbeitet hatten – es war mittlerweile knapp 24 Stunden vor Abreise – wurden wir über unsere Aufrufe in diversen J/70-Frauencommunities fündig. Carmen vom Bodensee hatte spontan Zeit und Lust uns zu begleiten und nach einem kurzen Telefonat war die Sache abgemacht.

Das Einsteigen in den Zug mit vollständiger Crew am nächsten Tag fühlte sich schon wie ein halber Regattasieg an. Alle dabei und gut gelaunt ging es 16 Stunden mit dem Nachtzug bis an den Thuner See und pünktlich eine Stunde vor Eröffnung kamen wir in Spiez an. Nach persönlicher Begrüßung durch den Wettfahrtleiter, der uns ca. ein Kilo Schweizer Schokolade überreichte (mit Salz und mit Pfeffer, sehr cool!) ging es auch schon bald auf Wasser. Bei eher flauem Wind mussten mehrere Startversuche abgebrochen werden, aber die Regattaleitung nutzte jedes Lüftchen aus und schaffte immerhin drei gewertete Rennen am ersten Tag. Während das gepfefferte Team sich noch in die neue Konstellation einfand, legten die gesalzenen Sprotten einen Traumstart hin und gewannen gleich das erste Rennen mit einem halben Leg Vorsprung. Gut gelaunt ging es daher am Abend zur Pasta-Party mit den anderen Crews und anschließend mit Nudeln im Bauch und Gepäck auf dem Rücken die Berge hoch zu unserer Unterkunft.

Für Samstag war besseres Wetter vorhergesagt: zunächst noch Flaute, dann aber Sonnenschein und Thermik. Der Morgen wurde also zum Debriefing mit den Umpires genutzt, wobei einige Situationen vom Vortag nochmal erklärt werden konnten. Sehr hilf- und lehrreich! Mit Einsetzen des Windes ging es aufs Wasser und es konnten zehn Rennen vor Traumkulisse mit verschneiten Berggipfeln gesegelt werden. Das abendliche Raclette im Segelverein und anschließende Analyse des Trackings auf dem großen Fernseher in unserer Wohnung rundete einen tollen Tag ab.
Am letzten Wettfahrttag frischte der Wind morgens noch einmal richtig auf (bestimmt auf 8 Knoten oder so, wir konnten sogar fast alle auf der Kante sitzen…), schlief dann aber nach dem Mittag komplett ein. Somit konnte der letzte Flight nicht beendet werden, zum Glück für die Gepfefferten, die sich ein OCS eingefangen hatten und zum Nachteil für die Gesalzenen, die denselben Lauf gewonnen hatten.

Insgesamt konnte das gesalzene Team den Heidi-Cup auf Platz 2 beenden und der Jubel aller Sprotten bei der Siegerehrung war groß! Es war ein toll organisiertes Event mit der besten J/70-Flotte, die wir bislang segeln durften, vielen herzlichen Menschen und hübschem Revier. Ein großes Lob an alle Organisator*innen und Beteiligte. Danke auch an Carmen für das spontane Einspringen und den guten Input. Sie hat ebenfalls einen Regattabericht geschrieben, den ihr hier findet.
[Links: Tracking-Replays, Ergebnisse, Fotos]