Felix und Theo Streckenbach bringen schon seit einiger Zeit ihre Erfahrung von der GP42 in das Silva International Sailing Teams ein. In der spektakulären und aufstrebenden Fast40+ Szene auf dem Solent mischen sie dabei kräftig mit. Zum Saisonabschluss bekommen wir einen kleinen Einblick in ihr Engagement in der britischen Renn-Serie:
Der Fast40+ Circuit ist eine Regattaserie, die sich über eine ganze Saison erstreckt und aus mehreren Events in Südengland besteht. In der Fast40+ Klasse tummeln sich 40ft Hightech-Rennboote, die vollständig aus Karbon gebaut sind und vom Kiel bis zur Mastspitze für höchste Geschwindigkeiten optimiert wurden. Jedes Jahr fließen hunderte Stunden und hohe Summen in die Weiterentwicklung der Boote: Neueste Kohlefaser-Segel sowie modernste Masten, die sehr leicht gebaut wurden und trotzdem eine extreme Steifigkeit aufweisen. Außerdem haben alle Boote einen 3m langen Kiel und einen 2,5m langen Bugsprit, der das Setzen von riesigen Gennackern auf dem Vorwindkurs ermöglicht. Auf diesem Level gibt es in Europa nicht viele Teams und so ist es umso erstaunlicher, dass zur diesjährigen 2. Auflage des Circuits bis zu 15 Teams gegeneinander antraten. Die modifizierte GP42 Silva Neo segelte nach 2016 zum zweiten Mal eine Saison in der Fast40+ Klasse.
Seit 2014 bin ich Teil des Teams und habe mich natürlich umso mehr gefreut, dass dieses Jahr mit Theo ein weiterer Greifswalder zur 11köpfigen Crew dazu gestoßen ist. Zusammen segeln Theo und ich auf den Positionen Bow (Vorschiff) und Mid-Bow. Unsere Aufgabe ist es, dass die Segelwechsel so schnell und reibungslos wie möglich klappen. Das ist teilweise ziemlich komplex: Die Gennacker sind mit etwa 200qm Fläche ziemlich groß. Sie werden mit Hilfe eines Grinders in wenigen Sekunden gesetzt und erst ganz kurz vor der Leetonne durch ein Retriever-System quasi aus der Luft in das Boot gesaugt. Unter Deck verlaufen dafür etliche Leinen und ein langer Bergesack, sodass man sich auf der anschließenden Kreuz unten im Schiff ein bisschen wie im Regenwald fühlt: Alles ist nass und überall hängt etwas im Weg herum 😉. Der Gennacker wird dann auf jedem Amwind-Kurs neu vorbereitet, d.h. er wird mit Hilfe eines Reißverschluss-Systems zu einer langen Wurst verpackt und kann so sehr gut gesetzt werden. Oben an Deck muss der Vorschiffsmann permanent für die nötige Ordnung im ständigen Chaos sorgen. 4 verschiedene Gennackerschoten, 4 Vorsegelschoten, 3 Fallen, ein Code0 mit Furling – System sowie ein Staysail inkl. Schoten müssen jederzeit vorbereitet sein. Da bleiben kleine Fehler nicht aus und so wird aus einem falschen Handgriff beim Anbauen der Schoten gleich ein völlig verpatztes Luvtonnenmanöver. Um gerade solche Fehler zu minimieren haben wir vor jedem Event immer mindestens einen Tag trainiert. Das bedeutete für das ganze Team meist am Mittwochnachmittag nach der Arbeit zum Flughafen zu hetzen, dann der Flug nach London und von dort mitten in der Nacht weiter nach Hamble/Southampton. Donnerstag Bootsvorbereitung mit Training und Freitag bis Sonntag ein Mix aus Up/Down-Regatten und vor allem den ziemlich stressigen und aufwändigen „Round the can“-races, bei denen in kurzer Zeit relativ viele der unzähligen Tonnen im Solent umrundet werden müssen.
Nachdem wir letztes Jahr erst zum Ende in den Fast40+-Circuit eingestiegen sind, waren wir diese Saison von Anfang an dabei. Am Ende konnten wir mit einer Podiumsplatzierung im letzten Event ganz knapp einen 5. Platz in der Gesamtwertung erzielen, was in Anbetracht der starken Konkurrenz eine wirklich super Leistung ist. Als einziges Team ohne Profis an Bord vor allem die anderen vier modifizierten GP42s (inkl. die frühere Imagine) zu schlagen, hat das ganze Team ziemlich Stolz gemacht und motiviert auch im nächsten Jahr wieder anzugreifen. Trotz aller Schwierigkeiten und des großen Aufwands, der neben dem normalen Alltagsleben bei so einem Projekt anfällt. Doch es gibt wohl in Nordeuropa derzeit kaum eine Monohull-Regatta die noch spektakulärer ist. 2018 wird die Fast40+ Klasse im Rahmen der ORC/IRC Weltmeisterschaft in Den Haag segeln: ein absolutes Highlight der Segelsaison!
Felix Streckenbach